Das Eichtal – eine Kulturlandschaft im Wandel der Geschichte
Nur wenige Schritte nördlich der viel befahrenen Bundesstraße öffnet sich das Eichtal am idyllischen Mittellauf der Wandse. Der Eichtalpark ist ein wichtiges Kernstück im Wandse-Grünzug, der durchgängig als Natur- und Kulturraum für die Stadtquartiere am Wasser wiederentdeckt und ausgebaut werden sollte. Denn lange war hier eine wirtschaftliche Nutzung vorherrschend.
Zwei Denkmäler am Parkeingang verweisen auf kulturelle Traditionen, die eng mit der Geschichte Wandsbeks verbunden sind: ein mit markanten Arkaden geschmückter Backsteinbau, das Torhaus, flankiert von zwei Sphingen aus Elbsandstein weit älteren Ursprungs. Das heutige Gasthaus ist der verkleinerte Wiederaufbau der Eichtalmühle – einem der ältesten Gewerbestandorte im Wandsetal.
Folgen Sie uns durch den Gang der Jahrhunderte. (Eine Galerie historischer Bilder finden Sie im Anschluss)
Alles beginnt vor ca. 15.000 Jahren
Am Ende der letzten Eiszeit entstehen u. a. die Flusssysteme Holsteins und Stormarns, darunter das der Wandse. Sie zählt mit mehr als 20 km Länge zu den wasserreichsten Zuflüssen der Alster. Schmale Geestrücken säumen den einst lebhaften Bach inmitten einer Auenlandschaft. Bis 1821 heißt die Wandse einfach Bek oder Mühlenbek. Später wird sie nach dem damaligen Flecken Wandsbek benannt. Spuren früher Besiedlung, wie z. B. im Stellmoorer Tunneltal oder an der Nordmarkstraße sind im Wandse-Grünzug des Kerngebiets Wandsbek nicht nachweisbar.
Die neuere Geschichte des Eichtals beginnt erst mit sächsischen Siedlern um 1150 n. Chr.: Hinschenfelder Bauern, im Schutz und zu Diensten der Grund- und Landesherren machen das Land am Wandse-Ufer urbar. Es entsteht ein reiches Bauerndorf mit Ländereien bis an die Osterbek, während die Wandse-Wiesen eher als Viehweide dienen. Der parallel zum Fluss verlaufende Frachtweg der Hanse nach Lübeck schafft weitere Impulse für die Entwicklung der Ortschaften.
1335 – 1780
Über vier Jahrhunderte dient die Eichtalmühle am oft überschwemmten Ufergelände – wie die weiteren fünf Wandse-Mühlen auf Wandsbeker Gebiet – unterschiedlichen gewerblichen Zwecken, mal als Korn-, mal als Pulvermühle. Als früheste Kraftmaschinen sind Wind- und Wassermühlen die Grundlage für den Aufstieg Wandsbeks als Gewerbeort. Die Eichtalmühle kommt allerdings erst 1646 in den Besitz des adeligen Gutes.
1780 – 1872
In Folge der verstärkten Ansiedlung von Manufakturen wandelt sich Wandsbek bis zur Wende ins 19. Jahrhundert vom Dorf zum Fabrikort. Auch der junge Gerbermeister Lucas Luetkens findet Interesse an dem verkehrsgünstig gelegenen und wenig besiedelten Standort und errichtet an der heutigen Zollstraße zunächst einen Sommersitz. Bald darauf kauft er das weitläufige Gelände des Eichtals und verlagert seinen Gerbereibetrieb aus dem beengten Hamburg dorthin. Nach Anlage einer Eichenplantage gewinnt er zudem in der Eichtalmühle den begehrten Gerbstoff aus Eichenrinde. 150 Jahr lang bleibt das Unternehmen an der Wandse und produziert hier, dann seit 1873 an der Holzmühlenstraße Qualitätsleder in traditioneller Gruben- und Fassgerbung. Mit der Verlagerung des Standorts durch den Enkel des Gründers wird dann „Luetkens Eichtal“ für Jahrzehnte seine landschaftlichen Qualitäten zurück erobern.
1874 – 1926
Oskar Luetkens errichtet nach Abriss der alten Gerberei 1874 eine stattliche Villa auf künstlichem Hügel, wohl als Morgengabe für seine Braut Helene, geb. von Ohlendorff. Die umgebende Parklandschaft ist Teil des repräsentativen Herrensitzes und zugleich eine Liebhaberei der Familie, die bereits auf den Vater des Bauherrn, Caspar Luetkens, zurückgeht. Es entsteht damals die noch heute erkennbare Struktur des Parks zwischen den Wandse-Armen: mit offenen und kunstvoll angelegten Flächen, exotischen Bäumen, den Teichen, dem Wehr und Mühlenstau. 1882 kommen die heute noch beeindruckenden Sandstein-Figuren aus dem Besitz der Schimmelmanns als Geschenk in den Park. Sie zieren zunächst die kleine Brücke an der Auffahrt zur Villa. Erhalten bleibt auch bis in die 1960er Jahre die strohgedeckte Arbeiterkate, der „Schimmel“, als Zeugnis einer vergangenen Epoche als Arbeitsort.
Nach dem Tod von Oskar Luetkens 1911 geht aus ungeklärten Gründen der wertvolle Grundbesitz zunächst an Privatleute. Erst im Laufe der 20er Jahre gelingt es der Stadt Wandsbek, den jahrelang gehegten Plan eines Ankaufs umzusetzen.
1926 – 1943
Am Sonntag, den 20. Juni 1926, wird der „Wandsbeker Stadtpark“ feierlich eröffnet. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wandeln das Privatgelände um und machen auch den Bau des mit Arkaden geschmückten Eingangsportals möglich. Die historischen Sphingen zu beiden Seiten geben dem Ensemble zusätzlich Signalkraft. Das Torhaus erhält eine höchst praktische Funktion als Toilettenhäuschen für die Vielzahl der Parkbesucher. Bis zur Eingemeindung Wandsbeks 1937 kommen weitere Anlagen und Schmuckgegenstände hinzu, z. B. die Bronze „Junges Weib“ in einem Staudengarten 1930.
Der 2. Weltkrieg und die Hungerjahre danach lassen vom Park mit seinem alten Bestand seltener Bäumen und Gehölze, lieblicher Brücken und Rabatten nur wenig übrig. Die Villa der Familie Luetkens auf dem künstlichen Hügel wird 1943 durch Bomben zerstört – auch das dort seit 1939 untergebrachte Wandsbeker Heimatarchiv geht komplett verloren.
1946 – 1988
Ab Anfang der 1960er Jahre werden die Parkanlagen rekonstruiert. Zahlreiche alte Bäume, die uns heute erfreuen, gehen auf diese Nachkriegs-Pflanzung zurück, darunter viele Eichenarten. Allerdings verkleinert sich seit dieser Zeit auch das Parkgelände durch einige Neubauten an den Rändern. Im Zuge der Verdichtung der Stadt, vor allem in den letzten Jahren wächst auch der Erneuerungsbedarf für eine inklusive und vielseitige Nutzung des öffentlichen Parks.
1988 – 2013
Dreißig Jahren liegt das kleine Torhaus am Rande des Parks verwaist da. Solange der Leerstand währt, können auch die 2006 durchgeführten kleinen Instandsetzungsarbeiten am Gebäude – im Zuge der Restaurierung der beiden wertvollen Fabelwesen – den sichtbaren Verfall nicht aufhalten. Graffiti, Müll und der zeitweilige Gebrauch als Obdach prägen lange das Bild der beiden Denkmäler.
2013 – 2018
Die Wende kommt Ende 2013. Bürgerschaftliches Engagement bringt den Stein mit einer Eingabe ins Rollen, schafft öffentliches Interesse und beendet schließlich den Dornröschenschlaf des Gebäudes. Der Funke springt auch auf den Park über und weckt Ideen und Aktivitäten der Anwohner, die sich hier eine Belebung für alle Generationen wünschen.
Ende 2018 ist die umfangreiche Gebäudesanierung abgeschlossen. Mit beachtlichen Bezirks- und Landesmitteln und in enger Zusammenarbeit mit dem Amt für Denkmalschutz soll auch das Torhaus als Perle im Eichtal wieder glänzen und zum lebendigen Treffpunkt im Park werden – mit Strahlkraft in die umliegenden Quartiere.
Der Verein „Freunde des Eichtalparks e. V.“, gegründet als Zusammenschluss langjährig engagierter Anwohner, setzt sich für diese Ziele ein.